Isolierte Anfechtung von Nebenbestimmungen
Jun 14, 2023Der Meinungsstreit zur Anfechtung von Nebenbestimmungen ist ein absoluter Klassiker, den auch schon das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) beschäftigt hat. In diesem Beitrag erklären wir Dir den Streit, die Meinungen und die besten Argumente rund um die Isolierte Anfechtbarkeit von Nebenbestimmungen.
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Der Meinungsstreit und die Ansichten
Insgesamt gibt es vier verschiedene Ansichten zur isolierten Anfechtung von Nebenbestimmungen. Die verschiedenen Meinungen stellst Du im Rahmen der statthaften Klageart da.
Meinung 1: Verpflichtungsklage
Nach einer Ansicht ist die Verpflichtungsklage auf Erlass eines Verwaltungsaktes ohne Nebenbestimmung statthaft. Beispiel: Neue Gaststättenerlaubnis ohne Nebenbestimmung.
Meinung 2: Differenzierung nach Art der Nebenbestimmung
Nach einer anderen Ansicht ist bei selbstständigen Nebenbestimmungen (Auflage und Auflagenvorbehalt) die Anfechtungsklage und bei unselbstständigen (Befristung, Bedingung, Widerrufsvorbehalt) die Verpflichtungsklage statthaft.
Meinung 3: Differenzierung nach Art des Haupt-VA
Nach einer weiteren Ansicht ist die Anfechtungsklage bei gebundenen Entscheidungen und die Verpflichtungsklage bei Ermessens-Entscheidungen statthaft.
Meinung 4: Teilbarkeit (BVerwG)
Nach der herrschenden Meinung und der Ansicht des BVerwG ist immer die Anfechtungsklage statthaft, wenn prozessuale Teilbarkeit vorliegt. Prozessuale Teilbarkeit liegt vor, wenn die Nebenbestimmung logisch trennbar vom Verwaltungsakt ist und eine isolierte Anfechtung der Nebenbestimmung nicht von vornherein ausgeschlossen ist. Ob Nebenbestimmung und Verwaltungsakt wirklich getrennt werden können, ist eine Frage der Begründetheit (Materielle Teilbarkeit). Du prüfst also in der Begründetheit nach der Rechtmäßigkeit der Nebenbestimmung noch die materielle Teilbarkeit. Die materielle Teilbarkeit liegt immer dann vor, wenn der Verwaltungsakt auch ohne die Nebenbestimmung noch rechtmäßig und sinnvoll ist. Achtung! Diese Formel ist ein bisschen missverständlich formuliert. Es kommt nicht darauf an, ob der VA an und für sich ohne Nebenbestimmung rechtswidrig ist, sondern nur darauf, ob der VA durch das Streichen der Nebenbestimmung rechtswidrig wird.
Streitentscheid und Argumente
In einer Klausur musst Du Dich zwischen einer Anfechtungsklage und einer Verpflichtungsklage entscheiden. Gegen die Verpflichtungsklage sprechen zwei Punkte:
Erstens entspricht die Verpflichtungsklage nicht dem Begehren des Klägers (§ 88 VwGO). Der Kläger möchte nicht einen neuen Verwaltungsakt ohne Nebenbestimmung, sondern nur, dass die Nebenbestimmung vom bestehenden Verwaltungsakt gestrichen wird. Das ist ein entscheidender Unterschied.
Denn zweitens könnte er sonst den gesamten Verwaltungsakt verlieren, weil das Gericht bei einer Verpflichtungsklage auch prüft, ob die Voraussetzungen für den Erlass des Haupt-VA vorliegt.
Für die Anfechtungsklage als statthafte Klageart bei der isolierten Anfechtung von Nebenbestimmungen spricht der Wortlaut von § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO: Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig (…) hebt das Gericht den Verwaltungsakt auf. Aus dem Wort "soweit" kann man ableiten, dass eine Teilanfechtung möglich ist. Die isolierte Anfechtung von Nebenbestimmungen ist also möglich.
Zusammenfassung isolierte Anfechtung von Nebenbestimmungen
Folgst Du der Meinung vom BVerwG, ist die isolierte Anfechtung von Nebenbestimmungen möglich. In der Zulässigkeit ist die Anfechtungsklage statthaft, wenn die prozessuale Teilbarkeit vorliegt. In der Begründetheit darfst Du zum Schluss nicht vergessen, die materielle Teilbarkeit zu prüfen.
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