Auslegung von Willenserklärungen

Oct 31, 2023
 

Im BGB gilt das Prinzip der Privatautonomie. Das bedeutet: Jeder kann seine rechtlichen Verhältnisse so gestalten, wie er oder sie es will. Manchmal sagen Menschen aber nicht ganz deutlich, was sie wollen oder drücken sich missverständlich aus. Dann musst Du im Rahmen der Auslegung ermitteln, was mit der Willenserklärung gemeint ist.

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Nicht empfangsbedürftige Willenserklärungen (§ 133 BGB)


Bei nicht empfangsbedürftigen Willenserklärungen (z.B. Testament) richtet sich die Auslegung nach § 133 BGB. Es ist allein auf den Willen der erklärenden Person abzustellen und dieser Anhand des Wortlauts und der Begleitumstände zu erforschen. Denn bei einer nicht empfangsbedürftigen Willenserklärung ist nur der Erklärende (z.B. Erblasser), nicht aber der Empfänger (z.B. Erbe) schutzwürdig. Bei einem Testament ist zusätzlich noch die Regelung des § 2084 BGB zu berücksichtigen.

 

Empfangsbedürftige Willenserklärung (§§ 133, 157 BGB)


Bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen (z.B. Angebot und Annahme) ist die Interessenlage etwas anders. Hier ist der Erklärungsempfänger schutzwürdig. Deshalb richtet sich die Auslegung bei diesen Willenserklärungen gem. §§ 133, 157 BGB nach dem objektiven Empfängerhorizont. Es geht um die Frage: Wie durfte ein objektiver Dritter die Erklärung verstehen? Auch hier ist primär auf den Wortlaut abzustellen und ergänzend auf die Begleitumstände.

Problem: Falsa demonstratio non nocet


Für die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts ist es egal, wenn die Parteien zwar übereinstimmend das gleiche wollen, es aber übereinstimmend falsch bezeichnen. Diesen Fall versteht man unter einer „falsa demonstratio non nocet“ (auf Deutsch: „Falschbezeichnung schadet nicht“). Der bekannteste Fall zu diesem Problem ist der Haakjöringsköd-Fall: A und B einigen sich darauf, dass A von B eine Tonne Haakjöringsköd kauft. Dabei gehen beide Parteien übereinstimmend davon aus, dass Haakjöringsköd „Walfischfleisch“ bedeutet. Tatsächlich handelt es sich bei Haakjöringsköd aber um Haifischfleisch. Nach den Grundsätzen der falsa demonstratio non nocet kommt trotzdem ein Kaufvertrag über Walfischfleisch zustande, weil die Auslegung (§§ 133, 157 BGB) ergibt, dass Walfischfleisch der Kaufgegenstand ist, den beide Parteien übereinstimmenderweise haben wollen.

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