Gefährliches Werkzeug - § 244 I Nr. 1 a) Fall 2 StGB
Jun 07, 2023Wie wird gefährliches Werkzeug im Rahmen von § 244 Abs. 1 Nr. 1a) Fall 2 StGB definiert? Die Antwort ist umstritten. Insgesamt gibt es vier verschiedene Meinungen bei diesem Streit, die wir Dir in diesem Beitrag erklären. Auch verraten wir Dir, wie der BGH das gefährliche Werkzeug definiert. Der Streit spielt sowohl bei § 244 I Nr. 1 a) Fall 2 StGB als auch bei § 250 I Nr. 1 a) Fall 2 StGB eine Rolle.
Definition Gefährliches Werkzeug i.S.v. § 244 StGB
Wie "gefährliches Werkzeug" i.S.v. § 244 I Nr. 1 a) Fall 2 StGB zu definieren ist, ist umstritten. Die Definition von § 224 I Nr. 2 StGB kannst Du nicht übernehmen. Denn bei § 224 StGB verwendet der Täter das gefährliche Werkzeug, bei § 244 StGB führt er es nur bei sich. Die Definition bei § 244 StGB kann objektiv oder subjektiv und abstrakt oder konkret erfolgen. Daraus ergeben sich 4 Ansichten, die Du kennen solltest.
Ansicht 1: Abstrakt-Objektive Definition
Ein gefährliches Werkzeug ist jeder Gegenstand, der im Falle eines Einsatzes gegen eine Person aufgrund seiner objektiven Eigenschaften dazu geeignet ist, erhebliche Verletzungen herbeizuführen (Waffenersatzfunktion). Beispiel.: Taschenmesser mit langer Klinge, Schraubenzieher, Teppichmesser, Pfefferspray Ob der Täter den Gegenstand gegen Menschen einsetzen wollte oder nicht, ist nach dieser Ansicht egal. Dieser Ansicht folgt z.B. der BGH (Beschluss vom 03.06.2008 - 3 StR 246/07)
Ansicht 2: Konkret-Objektive Definition
Ein gefährliches Werkzeug liegt vor, wenn der Gegenstand objektiv dazu geeignet ist, erhebliche Verletzungen herbeizuführen und in der konkreten Situation aus Sicht eines objektiven Beobachters keine andere Funktion erfüllen kann, als Menschen zu verletzen. Bsp.: Ein Handwerker begeht in Arbeitskleidung einen Ladendiebstahl und hat dabei einen Schraubenzieher in der Hosentasche. Dieser ist nach dieser Ansicht kein gefährliches Werkzeug.
Ansicht 3: Widmungstheorie
Ein gefährliches Werkzeug liegt vor, wenn der Gegenstand objektiv dazu geeignet ist, Körperverletzungen herbeizuführen und der Täter – unabhängig von der konkreten Tat – den Gegenstand zur gefährlichen Verwendung bestimmt hat.
Ansicht 4: Lehre vom Verwendungsvorbehalt
Ein gefährliches Werkzeug liegt vor, wenn der Gegenstand objektiv dazu geeignet ist, Körperverletzungen herbeizuführen und der Täter den Gegenstand im konkreten Fall hierzu verwenden will.
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Entscheidung des Streits bei einem Fall
In einer Klausur oder einem Fall musst Du den Streit in der Regel entscheiden. Daher brauchst Du Argumente für oder gegen eine objektive Definition und für oder gegen eine abstrakte oder konkrete Sichtweise. Für eine objektive Definition sprechen drei Argumente: Der Wortlaut, die Praktikabilität und die Systematik.
Erstens spricht der Wortlaut von § 244 I Nr. 1 a) StGB von "Waffe oder einem anderen gefährlichen Werkzeug". Da "Waffe" objektiv bestimmt wird, muss das auch für das gefährliche Werkzeug gelten.
Zweitens kommt es, anders als bei subjektiven Ansichten, bei einer objektiven Bestimmung nicht zu Beweisschwierigkeiten.
Drittens spricht die Systematik gegen die subjektiven Ansichten. Bei § 244 I Nr. 1 b) kommt es auf das subjektive Element an. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass es bei § 244 I Nr. 1 a) eben nicht auf ein subjektives Element ankommt.
Daher solltest Du in der Klausur den objektiven Ansichten folgen. Ob Du Dich dann für eine abstrakte oder konkrete Betrachtungsweise entscheidest, ist Dir überlassen. Für eine konkrete Definition sprechen aber drei Argumente.
Erstens kann es ohne Berücksichtigung des Einzelfalles zu ungerechten Ergebnissen kommen. Beispiel: Ein Handwerker klaut in Arbeitskleidung mit Schraubenzieher in Hosentasche.
Zweitens sind die Qualifikationsmerkmale aufgrund der erhöhten Strafandrohung grundsätzlich restriktiv auszulegen.
Drittens ist der Sinn und Zweck von § 244 I StGB und § 250 I StGB, die gefährliche Begehungsweise und die Hemmungslosigkeit des Täters zu bestrafen. Ob diese tatsächlich vorliegt, kann nur mit einer konkreten Sicht ermittelt werden.
Gefährliches Werkzeug bei § 250 StGB
Gefährliches Werkzeug i.S.v. § 250 I Nr. 1 a) StGB wird genauso definiert, wie bei § 244 I Nr. 1 a) StGB. Denn genau wie bei § 244 Abs. 1 StGB wird bei § 250 Abs. 1 StGB das gefährliche Werkzeug nur beisichgeführt. In § 250 Abs. 2 StGB muss das gefährliche Werkzeug anders definiert werden, weil der Räuber das Werkzeug nicht nur bei sich führt, sondern sogar verwendet. Deshalb kannst Du Dich wieder an der Definition des § 224 StGB orientieren. Definition Gefährliches Werkzeug bei § 250 Abs. 2 StGB: Ein gefährliches Werkzeug i.S.v. § 250 II StGB ist ein Gegenstand, der nach seiner Beschaffenheit und der konkreten Verwendung im Einzelfall geeignet ist, erhebliche Verletzungen herbeizuführen.
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