Gestörte Gesamtschuld
Jul 25, 2022In diesem Beitrag erklären wir Dir, was die gestörte Gesamtschuld ist und wie du diesen Meinungsstreit in einem Fall lösen kannst.
Gestörte Gesamtschuld in Deiner Klausur
Die gestörte Gesamtschuld ist ein Klassikerproblem, welches Du in jedem Schuldrecht AT Skript oder Schuldrecht AT Lehrbuch finden wirst. Doch oft wird die gestörte Gesamtschuld dort komplizierter erklärt, als es sein muss. Es gibt nämlich einen ganz einfachen Trick, wie Du dir merken kannst, welche Meinungen zur Lösung der gestörten Gesamtschuld vertreten werden. Den Trick verraten wir Dir später. Vorher schauen wir uns aber erst einmal an, was eigentlich eine gestörte Gesamtschuld ist.
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Definition gestörte Gesamtschuld
Eine gestörte Gesamtschuld liegt vor, wenn grundsätzlich mehrere Schuldner dem Geschädigten haften, jedoch einer der Schuldner aufgrund einer Haftungsprivilegierung oder eines Haftungsausschlusses nicht haftet.
Beispiel zur gestörten Gesamtschuld
A ist auf der Suche nach einer Mitfahrgelegenheit zur Arbeit. Netterweise nimmt sie ihr Arbeitskollege C mit, wobei die beiden einen wirksamen Haftungsausschluss vereinbaren. An einer Kreuzung kommt es zu einem Unfall zwischen C und dem Autofahrer B. B und C sind beide gleichermaßen für die Verursachung des Unfalls verantwortlich. A entstehen Heilbehandlungskosten in Höhe von 100€.
A kann nun B auf 100€ Schadensersatz in Anspruch nehmen. B hat allerdings wegen des Haftungsausschlusses nicht die Möglichkeit, die Hälfte des Betrages bei C zu holen. B zahlt also den vollen Schaden, obwohl er nur zur Hälfte schuld ist.
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Der Trick
Es gibt insgesamt drei Meinungen, wie die gestörte Gesamtschuld gelöst werden kann. Der Trick ist, dass jede Ansicht am Ende für einen der Beteiligten schlecht ist. Die erste Lösung belässt alles so, wie es ist und geht so zu Lasten des nicht privilegierten Schuldners (C). Die zweite Lösung tut so, als würde eine Gesamtschuld vorliegen (fingierte Gesamtschuld) und ist deshalb für den privilegierten Schuldner (B) schlecht. Die herrschende Meinung nimmt eine Anspruchskürzung vor und ist deshalb für den Geschädigten (A) schlecht.
Meinung 1: Gesetzeswortlaut
Folgt man Meinung 1, so bleibt alles beim Alten: A hat gegen B einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 100€ und B hat gegen C keinen Regressanspruch. Diese Ansicht lässt aber den Verschuldensanteil von C völlig unberücksichtigt und überzeugt deshalb nicht.
Meinung 2: Fingierte Gesamtschuld
Nach dieser Ansicht wird das Bestehen einer Gesamtschuld fingiert. B bekommt jetzt gegen C einen Regressanspruch nach § 426 I 1 BGB analog. Gegen diese Ansicht sprechen aber zwei Argumente. Erstens: Der Haftungsausschluss wird unterlaufen. Und zweitens: Der privilegierte Schuldner (C) steht schlechter dar, als wenn er den Unfall komplett allein verursacht hätte. Dann hätte er nämlich wegen des Haftungsausschlusses nichts zahlen müssen.
Meinung 3: Anspruchskürzung
Nach der herrschenden Meinung wird der Anspruch vom Geschädigten um den Betrag, den der nicht privilegierte Schuldner vom privilegierten Schuldner verlangen könnte, wenn die Haftungsprivilegierung oder Haftungsausschluss nicht da wäre, gekürzt.
Ohne den Haftungsausschluss könnte B von C 50€ verlangen. Dieser Betrag wird jetzt vom Anspruch der A gegen B abgezogen. Damit hat A gegen B nur einen Anspruch in Höhe von 50€. Diese Ansicht führt zu interessengerechten Ergebnissen: Einerseits berücksichtigt sie, dass B den Schaden nur zur Hälfte verursacht hat. Andererseits berücksichtigt diese Ansicht auch den Haftungsausschluss.
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Wo prüfe ich die gestörte Gesamtschuld in einer Klausur?
In einer Klausur kannst Du das Problem beim Schadensersatzanspruch von A gegen B im Rahmen des Schadens ansprechen. Denn nach der herrschenden Meinung ist die Rechtsfolge der gestörten Gesamtschuld, dass der Anspruch von A gegen B gekürzt wird.
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